Christian Rach - Überlegen, was Sie schmecken wollen

RTL-Starkoch Christian Rach coachte für seine Sendung "Rach, der Restauranttester" das Restaurant "Zur alten Scheune" in Bennstedt. Die Staffel lief bei RTL und startete mit dem Restaurant in Bennstedt. Kulturfalterredakteur Martin Große traf den Koch bei seinen Dreharbeiten in Halle für ein Interview und sprach mit ihm über die Scheune, Halles kulinarische Landschaft und vieles mehr.

Kulturfalter: Herr, Rach, wie schätzen Sie die Zukunft der „alten Scheune” ein?
Christian Rach: Das Ergebnis wird man dann im Fernsehen sehen. Aber ich denke mit anständigem Essen, was sich ein bisschen abhebt vom Rest, kann man überall ein Restaurant führen. Wir haben ausgerechnet, dass 20 Leute am Tag reichen, und das ist nicht viel. Außerdem muss er weg von der Tiefkühlscheiße. Was wir machen, ist nicht teurer, ein wenig aufwendiger und frisch kochen dauert länger.


Welche Fehler hat Herr Friedrich gemacht?
Das ist nicht einfach zu sagen. Es ist wunderschön hier. Er hat alles mit Sinn und Verstand gemacht. Ob es einem gefällt, ist eine andere Sache, aber es sieht nicht hingerotzt aus. Die Scheune hat einen Parkplatz, Biergarten und ein tolle Bowlingbahn. Eine Bowlingbahn riecht normalweise nach Käsefüßen und ist hell und unsexy. Er hat hier sogar Schwarzlicht und das ergibt eine irre schöne Atmosphäre, welche dem Laden Tiefe und Weite verleiht. Das Restaurant gewinnt an Sexappeal und sie sieht nicht aus wie andere Bahnen, etwa im Charlottencenter. Außerdem ist die Küche sehr sauber und das Restaurant ist gut ausgeschildert.

Also hat er doch alles richtig gemacht?
Soweit ich das jetzt einschätzen kann, liegt das Problem in der Karte. Wir müssen wegkommen von Soljanka und Co. Ich liebe eine Soljanka, wenn sie gut gemacht ist und ich liebe auch ein gutes Würzfleisch, aber wenn das alle, auch der Grieche in der Nähe anbieten, was soll das Ganze dann? Es geht darum aus dem Ensemble etwas zu machen. In der Nähe gibt es wunderschöne Weinberge und man muss die Leute dazu kriegen, wenn sie am Wochenende mit dem Rad unterwegs sind, dass sie hierher kommen und essen. Aber dafür muss man sich abheben.

Was ist ihr Ziel mit der Scheune?
Ich glaube die Leute mögen hier Deftiges. Und etwas deftiges, was schön angerichtet ist, das könnte ein Ziel sein.



Können Sie unerkannt in einem Restaurant essen?
Nein, das geht schon seit geraumer Zeit nicht mehr. Man erkennt mich sofort. Die Bedienung im „Immergrün“ hat fast einen Herzkasper bekommen. Ich glaube, es wäre ihr lieber gewesen, wenn wir wieder gegangen wären. Aber wir haben uns dann noch mit dem Besitzer unterhalten, und ich fand es gut und mutig, was er dort macht.

Wie finden Sie Halles kulinarische Landschaft?
Es ist erstaunlich, dass eine so berühmte Stadt wie Halle, die Händelstadt, die Martin-Luther-Universitätsstadt Halle, die eine berühmte Uniklinik hat, nicht wirklich mit einer Gastronomie gesegnet ist, wo es Spaß macht, sich aufzuhalten. Wenn ich hier herumfahre, sehe ich, dass es nicht die ärmste Gegend in Deutschland ist. Die Kaufkraft ist da, aber essen gehen, ist hier schwierig. In der Kleinen Ulrichstraße habe ich gesehen, gab es ein Kilo Fleisch und dazu ein Kilo Pommes. Ich habe die wirklich nette Bedienung gefragt: ‚Wer soll das essen?‘ Sie haben nicht einmal geschrieben, was das für Fleisch ist, also da kotze ich vor die Haustür. Das hat nichts mit Essen und Trinken als Kulturgut zu tun, und Halle ist so eine Kulturstadt und dann das. Es ist großartig hier, es gefällt mir sehr gut, aber gastronomisch …

Ist das Essen in Halle zu billig?
Ja. Das habe ich auch zu Herrn Friedrich gesagt. Jeder unterbietet sich in Halle. Dabei kann nichts Gutes herauskommen und ich verstehe es nicht!



Welche Restaurants haben Sie noch besucht?
Im Schad waren wir noch. Herr Schad macht einen guten Job, aber dabei beschreibe ich nicht die Qualität. Es ist ein stimmig gemachter Laden. Es waren erstaunlich viele junge Leute, gutaussehende schlanke Frauen da, die diese Essensberge in sich schaufelten. Ich fragte mich: „Wohin essen die das?“ Wahnsinn! Im Maritim, unserem Hotel, waren wir auch essen. Die machen einen ordentlichen Job. Bei den anderen weiß ich leider die Namen nicht mehr.  

Haben Sie viele Bewerbungen für Ihre Sendung?
Es sind so viele, dass man es kaum zählen kann. Es reicht von Null am Tag bis zu 50 Bewerbungen in der Woche.

Wie erfolgt die Auswahl der Restaurants?
Die Entscheidung fällt im Vorfeld. Die Restaurants bewerben sich mit einem Brief an die Redaktion, dann kommen einige in die nähere Auswahl. Ein Castingredakteur schaut sich daraufhin die Restaurants an. Etliche springen später wieder ab, und wir sehen natürlich auch zu, dass wir pro Staffel eine bunte Mischung hinkriegen. Zehnmal dasselbe zu senden ist Quatsch. Sicher ist das nicht gerecht und unfair, aber wir machen schließlich Fernsehen, und das bedeutet auch Unterhaltung.



In ihren Sendungen werden die Restaurants oft umgebaut…
Kochen ist nur ein kleiner Ausschnitt dessen was ich mache. Ich versuche immer die Lage und Situation ernst zu nehmen und dazu gehört oft die Veränderung der Frisur. Es ist aber nicht so, dass ich ein Team mit einem Innenarchitekten und Dekorateur dabei habe etc. Ich schaue im Branchenbuch nach Malern, Elektrikern und wer Zeit hat kommt. Ich muss den Laden auf mich wirken lassen und habe dann eine Vorstellung, wie ich es machen würde, wenn es meiner wäre. Ich frage mich: "Wie würde ich es gestalten?“. Meistens ist es nicht viel und wenn dann noch etwas benötigt wird, dann organisiere ich es, aber vieles davon ist auch gebrauchtes Material. Es geht nicht darum Wohltaten zu verteilen, sondern einen neuen Start zu geben.

Was macht einen guten Koch aus?
Kochen findet im Kopf statt. Jemand, der das nicht begreift, wird kein guter Koch. Sie müssen in der Lage sein, das, was sie fühlen, zu transportieren – und die Kunst des Schmeckens gehört zur Kunst des Kochens dazu. Sie müssen Überlegen, was Sie schmecken wollen überlegen und das dann kochen.

Lesen Sie Restaurantkritiken im Internet?
Ich lese nie Internetkritiken, sondern versuche mir selber ein Bild zu machen. Mit Internetkritiken ist es so eine Sache. Jeder kann schreiben was er will, ohne die Folgen zu beachten. Deswegen denke ich: "Eine ehrliche Kritik äußert man direkt und sagt dann, was man denkt."  Anonymes hat kein Gewicht, es sind Randbemerkungen, denn jeder kann über jeden Gutes und Schlechtes schreiben.

Herr Rach, vielen Dank für das Interview.



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