Gerstensaft mit spannender Geschichte - Ein Blick auf Halles Biergeschichte

„Ein Bierchen in Ehren kann niemand verwehren.“ Zur Freude aller Bierbrauer galt dieser Ausspruch 2014 mehr den je. Ob´s an der gewonnenen Fußballweltmeisterschaft lag? Wohl auch, denn immerhin ist im Vergleich zu den acht Jahren davor der Verbrauch in Deutschland erstmals wieder gestiegen. 106,9 Liter konsumierten die Deutschen im Durchschnitt. Doch Bier ist weit mehr als nur eine statische Randnotiz. Bier ist ein Getränk mit Geschichte und eines, welches sogar zwei Städte miteinander verbinden kann.

Bis heute ist Leipzig als Gosenstadt bekannt. Die Gose, ein säuerlich, obergäriges Bier, war um 1900 das meistgetrunkene Bier der Messestadt. Gebraut jedoch wurde es nicht an der Pleiße, sondern in Döllnitz bei Halle. Und bevor die dort ansässige Rittergutsbrauerei ihre Spezialität nach Leipzig lieferte, sind die Schenken der Saalestadt mit dem süffigen Gebräu beliefert worden. Heute noch erinnert an diese bierselige Verbindung der Gose-Wanderweg zwischen beiden Städten.



Ein Getränk mit Historie

In Halle seit Jahrhunderten gebraut, galt das Getränk einst als flüssiges Brot. 1698 beispielsweise billigte der Rat der Stadt in seiner Brauer-Ordnung rund 200 Bürgern das Recht zu, eigenes Braun- oder Weißbier zu brauen. Ein einträgliches Geschäft. Kassierten die Ratsherren für dieses Privileg doch den Brauzins und das Hopfengeld. Eben zu jener Zeit galt das Broyhan als beliebtester Trunk. Wie dieses süß-säuerliche Weißbier herzustellen war, auch dies legte der Rat der Stadt fest: So mussten zum Brauen von 16 Fass und einem Rauchfass 30 Scheffel Gerste und 20 Scheffel Weizen verwendet werden. Den besten Ruf genoss das Bier der Boyhan-Schenke in Beesen. Da dessen Ausschank in Halle aber verboten war, pilgerten vor allem viele Studenten in das Bierhaus, um Paukereien abzuhalten – und natürlich das Broyhan zu trinken. Und apropos Studenten. Dass der Besuch einer Schenke, um dort Bier zu trinken, in der Studentenstadt Halle schnell ausarten konnte, dokumentiert eine Begebenheit aus dem Jahre 1716. So ist überliefert, dass sich in jenem Jahr im Gasthaus zum Grünen Hof 20 Studenten zusammenfanden, um in einem Wettstreit je 30 Maß Broyhan zu trinken. Nur sieben von ihnen überlebten das Gelage.



Die einst größte Privatbrauerei Deutschlands

Welchen nachhaltigen Einfluss hallesche Biergeschichte gar auf die Namensgebung gewisser Etablissements bis heute hat, zeigt sich in den „Bemerkungen eines Akademikers über Halle und dessen Bewohner“ des Christian Friedrich Bernhard Augustin aus dem Jahr 1795. So soll nämlich in Halle das Wort „Puff“ als Synonym für Bordell geprägt worden sein. Denn „Puff“ hieß ein hallesches Braunbier. Im 18. Jahrhundert wurde der Name dann auf die Lokale übertragen, in denen es ausgeschenkt wurde und in denen Prostituierte verkehrten.

Überhaupt galt Halle lange Zeit als wahre Bierstadt. Was vor allem an den vielen Brauereien lag. Die Hallesche Aktien-Brauerei, Brauerei Carl Bauer, Schwemme Brauerei oder Brauerei Wilhelm Rauchfuss Halle und Giebichenstein AG waren dem Biertrinker von einst wohlklingende Namen. Und natürlich die Freyberger Brauerei, deren imposante Ruine noch heute an der Saale thront. Vor mehr als 80 Jahren galt diese als die größte Privat-Brauerei Deutschlands.



Doch lang, lang ist´s her. Das Ende der DDR und die Wiedervereinigung bedeuteten für das Brauereiwesen in Halle das Aus. Die von EKU Kulmbach aufgekaufte Brauerei Meisterbräu wurde 1996 geschlossen, gleichzeitig endete damit auch das Kapitel des industriellen Brauwesens in der Stadt. Heute wird in der Halle nur noch in Gasthausbrauereien wie dem Schad oder dem Halleschen Brauhaus Bier hergestellt. Will man nun regionale Köstlichkeiten genießen, muss man seinen durstigen Blick ins Umland schweifen lassen. Mittelständische Betriebe wie die Köthener Brauerei, die immerhin schon seit 1861 besteht, behaupten sich mit ihren Produkten am Markt. Oder aber auch die Landsberger Brauerei, welche gar seit 2011 ein echtes hallesches Hallorenbier braut. Immer getreu der alten Redensart: „Auch Wasser wird zum edlen Tropfen, mischt man es mit Malz und Hopfen.“ Na dann prost.