In der Käserei sind wir alle gleich

Der Herstellungsprozess von Hofkäse und seine Vermarktung war immer vonregionalen Besonderheiten geprägt. In den letzten Jahren hat sich derEinfluss arabischer Migranten auch in Hofkäsereien bemerkbar gemacht.Gerade Migranten aus dem arabisch geprägten Raum, die nach Deutschlandkommen, bereichern die deutsche Käselandschaft. Käse spielt speziell in derErnährung in syrisch-arabischen Familien eine große Rolle. Eine 6-köpfigeFamilie verbraucht pro Woche 10 – 20 Kg Käse. Dieser Bedarf führt dazu,dass bestehende Käsereien ihr Sortiment erweitern, in anderen Fällenwerden gar neue Käsereien gegründet. Auf der Webseite www.hofkaese.dewerden drei Beispiele beschrieben:

Der Heide Halloumi der Bauckhof KäsereiAmelinghausen

Das Leitbild des Betriebs mitten in der Lüneburger Heide ist „neue Wege zubeschreiten und alternative Wirtschaftsformen mit sozialem undgesellschaftlichem Engagement sowie ökonomischem Erfolg zu vereinen“.Seit 2018 ist der Syrer Osama Alkaima Mitglied des Teams in der Käserei.Das Käsehandwerk hat er in seiner Heimat erlernt und so ist dieProduktionsplatte, die bereits 21 Käse umfasste, um eine zusätzlicheSpezialität erweitert worden, den Heide-Halloumi. Interessierte Besucherkönnen durch die großen Fenster der Käserei den Herstellungsprozess unddie Arbeit des gesamten Teams genau mitverfolgen.



Arabische Käserei Al Baroudi aus Kassel

Für Hassan Baroudi war Käse nicht einfach nur ein gewohnter Teil seinertäglichen Ernährung. Für den studierten Agraringenieur war Käse einePassion. Daran hat sich auch nichts geändert, als er 2014 nach Deutschlandkam. Sein Traum war, einen beruflichen Neustart zu wagen mit seinereigenen kleinen Käserei. Nachdem er mehrere Deutschkurse besucht hatte,fing er an, mit seiner Ehefrau zusammen eine Existenz aufzubauen und einearabische Käserei zu planen. Die Agentur für Arbeit hat sie mit der Erstellungeines Businessplans unterstützt, ansonsten waren sie auf sich allein gestellt.Durch alle Anträge, Formalitäten und die Finanzierung haben sie sichdurchgekämpft, bis sie endlich im Herbst 2020 ihren Traum verwirklichenkonnten und eine kleine Käserei mit Ladenverkauf in Kassel eröffnet haben.Je nach Arbeitsanfall steht Hassan Baroudi bis zu 12 Stunden am Tag in derKäserei.

Dort verarbeiten sie ca. zwei bis drei Tausend Liter Kuhmilch pro Woche zuarabischen Traditionskäsen. Sieben Sorten bieten sie an, so zum BeispielMusannara, einem Kochkäse aus pasteurisierter Milch, oder Akkaui, der inSalzlake gereift wird. Diese beiden Käse werden aus pasteurisierter Milchhergestellt. Sie verarbeiten aber auch Rohmilch zu Mshallaleh. Diese Sortewird erst später gekocht und ähnelt dem Mozzarella, ist aber salziger.Daneben produzieren sie Labneh. Der Frischkäse wird aus Joghurtproduziert. Mit Gewürzen verfeinert wird er zu Sorke. Die unterschiedlichenSorten werden mit Korinader, Schwarzkümmel oder Fenchel gewürzt.Aufgerollter Sorke mit Würzmantel wiederum wird als Shenkliesh bezeichnet.Der Käse wird in dem Ladengeschäft offen verkauft – Großkunden erhaltendie Spezialitäten vakuumiert.



Martin Sauerer von der Hofkäserei Samar in derOberpfalz

Als Familie Sadka aus Syrien nach Wenzenbach kam, hatte sie nur dasNötigste dabei – etwas Kleidung, ein wenig Erspartes und: kristallines Lab.Damit haben sie in ihrer Küche Käse für den Eigenbedarf hergestellt. Ihr Ziel:Aus eigener Kraft ein neues Leben aufzubauen.Die ersten Versuche der Familie, in Deutschland Käse mit der pasteurisiertenMilch aus dem Supermarkt herzustellen waren gescheitert. Dann trafen sieMartin Sauerer, der eine Landwirtschaft mit 20 Milchkühen in Bernhardswaldbewirtschaftet. Von ihm bezogen sie fortan die Milch und es dauerte nichtlang, da wurde er in die Familie eingeladen, um zuzusehen, wie sie ihrenKäse mit einfachsten Mitteln produzieren.Martin Sauerer betrieb eine auslaufende Landwirtschaft und wusste nicht sorecht, wie es mit dem Betrieb weitergehen sollte. Aber die Tatsache, dassjemand in ein fremdes Land auswandert und als eines der wenigen Dingeausgerechnet kristallines Lab für den Eigenbedarf an Käse mitnimmt, hat ihnsehr berührt. Er hat sich daher intensiv damit beschäftigt, welche Rolle Käsein der syrischen Ernährung spielt, welche Varianten es gibt und wie erhergestellt wird. Die Idee, ein traditionelles, syrisches Grundproduktherzustellen, das man zu acht weiteren Käsesorten weiterverarbeiten kann,hat ihn fasziniert.Damit war der Grundstein gelegt, den Hof für die Käseproduktionumzugestalten. Mittlerweile hat er den Stall umgebaut und mit der Hilfe vonImad Sadka angefangen, auf dem Hof syrischen Käse zu produzieren.Er bietet hauptsächlich Labneh an, das dem nordischen Skyr sehr ähnlich ist.Und gerade diese Ähnlichkeit hat es Martin Sauerer so angetan: „Es ist egal,wo man herkommt. Letzten Endes stehen wir alle in der Käserei und habenmit dem selben Problem zu kämpfen: wir haben ein verderbliches Produktund das soll bitte sehr haltbar werden. Das verbindet die Menschen überallauf der Welt.“